Bürokratie beim Gründen (1)
Ein Unternehmen zu gründen ist nicht so einfach wie man denkt.

Meine Meinung ist "Gründen sollte einfach sein". Also so einfach, dass jeder, der fähig ist ein Unternehmen zu führen, dieses auch schnell aufsetzen kann. Meine Erfahrungen sind dabei ein wenig anders.
Vorwort
Zuerst stand die Idee "Ich möchte ein Unternehmen gründen". Über meine Antriebe, Motivation und Ziele von Cozy Badger habe ich bereits in dem Artikel "Ein neuer Anfang" gesprochen. Nachdem der Entschluss gefasst war, musste ich erstmal ganz tief in meinen Erinnerungen wühlen und außerdem ein wenig recherchieren. Was muss ich tun? Wo muss ich melden? Wie geht das mit den Steuern?
Für diesen Beitrag möchte ich ausschließlich auf die Gründung eines Einzelunternehmens, konkret Cozy Badger, eingehen. Für andere Unternehmensformen gibt es noch ein paar weitere Schritte, wie zum Beispiel die Eintragung ins Handelsregister, Notartermine oder das Tätigen von Einlagen.
Diese blieben mir aber erspart. Daher sind die untenstehenden Punkte nur übertragbar auf Gesellschaften gemäß Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Doch genug des Vorgeplänkels, los gehts.
Gewerbemeldung
In Deutschland hat man ein Gewerbe, wenn man ein Gewerbe anmeldet. Für e.K./GmbH/AG/OHG Gründer kommt vorher noch die Eintragung beim Handelsregister und diverse Notartermine, doch für alle Gründer einer GbR oder eines Einzelunternehmens kann es direkt losgehen.
Dieser Dienst ist in Deutschland mittlerweile auch ganz gut digitalisiert, also fast. Na ja, zumindest gibt es fast überall eine Webseite, über die man das Formular ausfüllen kann. Doch von Anfang ...
Ich wollte mich gern online registrieren, doch auf der Webseite gab es nur den Hinweis, dass der Dienst aktuell nicht funktioniert. Ich könne jedoch warten, eine E-Mail schreiben oder mich vor Ort anmelden. Ich schrieb also eine E-Mail. Diese wurde auch sehr freundlich beantwortet:
Sehr geehrter Herr Schier,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Sie können Ihr Gewerbe gern auch ganz unkompliziert via E-Mail anmelden. Dazu füllen Sie bitte folgendes Formular komplett aus, unterschreiben es und senden es zusammen mit einer Kopie des Ausweises wieder an diese E-Mail Adresse. Bitte konkretisieren Sie alle Tätigkeiten genau.
Sollten Sie Hilfe beim Ausfüllen benötigen, können Sie mich auch gern anrufen, damit wir die Positionen durchgehen.
Super freundlich und hilfreich. Bis auf diese eine Kleinigkeit. Ich soll eine Kopie meines Ausweises als E-Mail versenden? Wirklich?
Also habe ich dann doch ein paar Tage gewartet um einen Termin zu bekommen. Zwischenzeitlich ging das Portal aber wieder und ich konnte den Termin stornieren. Das Portal war auch wirklich intuitiv und im Grunde nur ein Meldeformular, aber online. Online bezahlen ging auch direkt, sogar via PayPal.
Einige Wochen später kam dann Post, selbstverständlich nicht an meine Unternehmensadresse, sondern meine private Adresse. Die Bestätigung enthielt dann auch gleich ein paar Informationen für die weiteren Schritte:
- ich werde automatisch beim Finanzamt gemeldet und eine Anleitung für die Einrichtung bei Elster (das deutsche Steuerportal) gab es auch
- ich werde automatisch bei der IHK gemeldet
Top! Also dachte ich.
Steueranmeldung
Ganz anders war meine Erfahrung beim Elster Portal. Nach der initialen Anmeldung muss man sich durch 16(!) Seiten Formular klicken. Und nichts davon hat mit dem Unternehmen zu tun. Erstmal Account einrichten. Allein hier musste ich mehrfach nachschlagen, was eigentlich gemeint ist. Die Hilfefunktion war oft nicht verfügbar oder wiederholte lediglich, was das Formular sagte, aber in anderen Worten.
Um dann eine Steuernummer zu bekommen, muss man erstmal warten, dass der Account aktiviert wird. Dafür gibt es Post.
14 Tage später war mein Elster Account nun aktiv. Yay? Na ja, man muss halt wissen, dass man als Nächstes das Formular für den Erhalt einer Steuernummer ausfüllen muss. Also, ab in das Menü "Formulare" und in den knapp 100 Formularen das richtige heraussuchen. Dieses enthält dann über 30 Seiten, nutzt Begriffe wie Umsatz, Einnahmen, Gewinn, Überschuss, Erlös, Kleinunternehmensregelung, Steuer-ID, Steuernummer, Umsatzsteuer-ID und Identifikationsnummer in beliebig austauschbaren Varianten.
Schlimmer noch, manchmal geht es um die Person (also mich) und manchmal um das Unternehmen (also Cozy Badger). Wann was gemeint ist? Nicht ersichtlich. Hilfefunktion? Ähnlich desaströs wie oben beschrieben. Oh, spannend ist auch, dass fast 10 % der Felder für Steuerberater wichtig sind und komplett leer gelassen werden können. Aber es ist auch sonst nicht erkenntlich, was Pflichtfelder sind und was nicht.
Ich habe mir also das analoge Formular im Internet gesucht. Dieses enthält nämlich einen Anhang mit richtig guten Erklärungen zu den Feldern.
Nach dem Antrag: Wieder warten. Mit der Post kam dann meine Steuernummer, erneut an meine private Adresse. Ist ja nicht so, als wenn ich die Unternehmenskontaktdaten mehrfach angegeben hätte.
Zurück ins Portal und Steuernummer eingeben. Ja, die landet dort nicht automatisch. Warum auch? Schlimmer noch, ich brauche noch eine Aktivierungsnummer, die kommt per Post, um meine Adresse zu bestätigen. Und die anderen Briefe? Na egal.
Knapp 1 Woche später kam dann der Brief. Richtig. An meine private Adresse.
Wieder ins Portal, alles eingeben und endlich habe ich einen Elster Account, mit Steuernummer für das Unternehmen und ... Moment, da war doch was.
Was habe ich eigentlich bei den Kontaktdaten eingetragen? E-Mail und Telefon sind ja noch privat, Girokonto auch. Da muss ich wohl später nochmal ran, aber ohne Steuernummer konnte ich solche Dinge auch gar nicht beantragen.
Steuerberater(?)
Nach meiner Erfahrung mit dem Elster Portal kann ich jedem nur empfehlen, einen Steuerberater oder jemanden mit viel Erfahrung hinzuziehen. So wie das System aufgebaut ist, wundert es mich nicht, dass wir so viele Steuerprobleme in Deutschland haben.
Doch hier kommt das nächste Problem. Steuerberater sind ausgebuchter als Ärzte. "Wir nehmen keine neuen Mandate an." habe ich von gut einem dutzend Kanzleien in Dresden gehört. Für den Moment mache ich das dann selbst. Schauen wir mal, was passiert.
Fazit
Eine Gewerbeanmeldung ist einfach, unkompliziert und schnell erledigt. Über die Nutzung von E-Mail und Ausweiskopien können wir aber nochmal sprechen.
Die Anmeldung bei Elster ist eine Katastrophe, unnötig kompliziert, doppeldeutig und eigentlich nur mit Fachwissen zu bewältigen. Außerdem scheint der ganze Prozess nicht darauf ausgelegt zu sein, dass jemand wirklich selbst gründet.
Dennoch, hier bin ich, freue mich auf jedes Kundengespräch und jede Zeile Code, die ich schreiben darf.
Der Dachs gräbt weiter – und du bist herzlich eingeladen, mitzubuddeln.
Wenn du denkst, dass Cozy Badger etwas für dich tun kann und dass Technik nicht stressig sein muss – wir machen das gemütlich. Kaffee ☕ oder Tee 🍵?
Nachtrag
Zuletzt möchte ich noch ein paar Themen aufwerfen, die nicht direkt mit der Gründung zu tun haben, aber dennoch eine weitere Perspektive für Cozy Badger einbringen.
Was kam nach der Gründung?
Nachdem alle oben stehenden Punkte erledigt waren, kann man auch endlich anfangen Geschäfte zu tätigen. Das heißt:
- Kontoeröffnung
- Telefonnummer
- Kammeranmeldung
- Erstellen von Accounts bei den notwendigen Online-Diensten
- Angebote und Rechnungen stellen
- Noch mehr Papierkram, in Form von Datenschutzvereinbarung, Impressum, Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Co.
- Versichern sollte man sich auch
Aber das sind ja all die Dinge, auf die ich mit der Gründung hinaus wollte. Und im nächsten Artikel gehe ich darauf genauer ein.
Warum keine gGmbH/gUG/etwas Gemeinnütziges?
Als ich Cozy Badger ausbrütete, hatte ich sogar im Sinn ein gemeinnütziges Unternehmen zu gründen. Das wäre in Deutschland mit 4 Unternehmensformen möglich: gGmbH, gUG, e.V., Stiftung. Grundsätzlich hatte ich an die gUG und eine Stiftung gedacht. Beides wäre grundsätzlich möglich und beide sind empfehlenswert für gemeinnützig tätige Gründer.
Doch, in Deutschland gibt es da ein Problem: Softwareentwicklung, auch Open-Source-Software, ist nicht gemeinnützig. Ja, richtig gelesen. Der Gesetzgeber sieht nicht vor, dass das kostenlose Bereitstellen von Software gemeinnützig ist. So wurde unter anderem dem Netzwerk Mastodon die Gemeinnützigkeit aberkannt.
Ich habe daher entschieden, dass ein Einzelunternehmen wohl aktuell die einfachste Möglichkeit ist zu starten. Sobald es notwendig wird, kann ich ja immer noch ein ausländisches Non-Profit-Unternehmen gründen oder hoffen, dass der Gesetzgeber §53 AO überarbeitet.
Ich werde dieses Thema in einem anderen Beitrag nochmal genauer beleuchten. 🔍